Kurt Udermann - Coaching

Palmsonntag A            Phil 2,6-11
 
5 Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht:
 
6 Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,[1] 7 sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; 8 er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.
 
9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, 10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu 11 und jeder Mund bekennt: "Jesus Christus ist der Herr" - zur Ehre Gottes, des Vaters.

 
(1) "Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht." Diese Aufforderung an die Gemeinde von Philippi hat der Apostel Paulus dem „Philipper-Hymnus" vorangestellt und ihn damit in Zusammenhang mit der Gemeinde gebracht. Er soll das Miteinander in der christlichen Gemeinde von Philippi orientieren. Getauft und Nachfolger Jesu sein, erschöpft sich nicht im Reden von und über Jesus, auch nicht in Bewunderung oder staunender Verehrung, auch nicht in respektvoller Erstarrung. Vielmehr muss das Miteinander in der Gemeinde, das Miteinander all derer, die durch die Taufe einander zu Brüdern und Schwestern geworden sind, die Gesinnung Jesu sichtbar machen.
 
Dafür ist das Leben in Christus Jesus die Voraussetzung. Wie ist das Leben "in Christus“ vorzustellen? Man kann es sich jedenfalls nicht auf Knopfdruck herbeirufen. Es ist eine tägliche Herausforderung. Es ist die regelmäßige Begegnung mit Jesus im Wort der heiligen Schrift, verbunden mit der Bitte: Vater, ich bitte dich, schenke mir die innere Erkenntnis deines Sohnes Jesus, damit ich ihn je mehr lieben und je besser nachfolgen kann! Es besteht im Bemühen, in den täglichen Ereignissen Gottes Botschaft an sich zu erkennen und immer wieder zu fragen: Was willst du, Herr, dass ich tun soll?
 
Der Einladung zum gemeindlichen Miteinander in der Nachfolge Jesu lässt der Apostel den "Philipper-Hymnus" folgen, der die Gesinnung Jesu in unnachahmlicher und überwältigender Weise zusammenfasst.
 
(2) „Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein," so beginnt der Völkerapostel die Beschreibung der „Karriere nach unten" des Gottessohnes Jesus Christus. Sein „Abstieg" steht in krassem Gegensatz zu vielen Machthabern dieser Welt, die, wenn sie einmal von der „süßen Macht" gekostet haben, nicht mehr loskommen und sie um jeden Preis gegen ihre Rivalen verteidigen. Ähnlich verhält es sich mit Reichtum und Pracht. Wer ihnen einmal verfallen ist, kommt nicht mehr los davon. Ganz anders der, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, der Gottessohn. Er hat in seinem Leben aller Macht, allem Glanz und Reichtum entsagt. Er wurde wie ein Sklave. Obwohl wahrer Gott und wahrer Mensch hat er von seinem Gottsein nicht Gebrauch gemacht. Als ohnmächtiger Mensch wollte er unter den ohnmächtigen Menschen sein. Nicht, um bedient zu werden, ist er in die Welt gekommen, sondern um zu dienen. Den verlorenen Kindern des Hauses Israel schenkte er seine Aufmerksamkeit. Er verstand sich als Arzt der Kranken und heilte sie. Sündern, Zöllnern und Dirnen wich er nicht aus, sondern sah auch in ihnen kostbare Geschöpfe Gottes. Er begegnete ihnen respektvoll und ebnete ihnen den Weg zur Versöhnung mit Gott. Um seinen Jüngern zu zeigen, worauf es ihm ankommt, wusch er ihnen beim letzten Mahl die Füße und trug ihnen auf, auch einander die Füße zu waschen. Es lag ihm am Herzen, ihnen klar zu machen, dass die Versöhnung der Menschen mit Gott und ein neues Miteinander seine Hauptanliegen waren.
 
Was Paulus mit dem Hinweis auf die Gesinnung Jesu beabsichtigt, ist auch klar: Er hat von den Christen ein völlig „abnormales" Verhalten gefordert: „Macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, dass ihr nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.“ (Phil 2,2-4) Möglicherweise fühlten sich die Philipper überfordert. Paulus ruft ihnen zu: „Schaut auf Jesus, dann werden euch eure Einwände gegenüber dem, was ich im Namen Jesu von euch fordere, kleinkariert und undankbar erscheinen.“
 
Damit der Mensch, Adam, nicht verloren gehe, erniedrigte sich Jesus unter das Kreuz. Um die Menschen zu retten, nahm er den Tod eines von Gott verfluchten Verbrechers auf sich.[2] Er erniedrigte sich unter menschliche Gerichte, deren Vorsitzende sich weder Gott, noch dem Recht verpflichtet wussten, sondern lediglich der Sorge um den persönlichen Machterhalt. Jesus nahm den grausamsten der Tode auf sich, um selbst die Grausamsten noch zu retten. Dieses Verhalten Jesu sollen die Philipper und wir vor Augen haben, wenn Paulus uns auffordert, untereinander so gesinnt zu sein, „wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht."
 
(3) Dem Abstieg in die Untiefen menschlichen Verrats, Verachtung, Hass und Spott, bis zum Tod eines von Gott verfluchten Verbrechers am Kreuz, folgt der Aufstieg. Vor Gott hat Jesu Scheitern eine völlig andere Bedeutung. Jesus, der Messias, hat den Plan Gottes mit der Welt erfüllt. Er hat die Menschen mit Gott versöhnt, hat sie gerettet und gerecht gemacht und dadurch das Tor zum ewigen Leben aufgestoßen. So folgen auf den Abstieg und Fall der Aufstieg und die Verherrlichung durch den Vater. Er hat den Gekreuzigten nicht im Tod gelassen, sondern auferweckt und hat damit Jesus Recht gegeben und nicht seinen Mördern. Gott hat seinen Sohn öffentlich zu dem erhöht, was er immer schon war: „Jesus Christus ist der Herr - zur Ehre Gottes, des Vaters." Das dürfen wir dankbar annehmen und ihn in unseren Gemeinden.

[1] Paulus greift hier einen Hymnus auf, in dem der Weg Christi von seinem vorzeitlichen Sein über seine Menschwerdung und seinen Tod bis zur Erhöhung und Einsetzung zum Herrscher des Alls beschrieben wird. Der im Lied betonte Gehorsam Jesu wird der Gemeinde als Vorbild gegenseitigen Dienens vor Augen gestellt.
[2] Dtn 21,22f: Wenn jemand ein Verbrechen begangen hat, auf das die Todesstrafe steht, wenn er hingerichtet wird und du den Toten an einen Pfahl hängst, dann soll die Leiche nicht über Nacht am Pfahl hängen bleiben, sondern du sollst ihn noch am gleichen Tag begraben; denn ein Gehenkter ist ein von Gott Verfluchter.

5. Sonntag in der Fastenzeit     Röm 8,8-11


8 Wer aber vom Fleisch bestimmt ist, kann Gott nicht gefallen. 9 Ihr aber seid nicht vom Fleisch, sondern vom Geist bestimmt, da ja der Geist Gottes in euch wohnt. Wer aber den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm.
 
10 Wenn aber Christus in euch ist, dann ist zwar der Leib tot aufgrund der Sünde, der Geist aber ist Leben aufgrund der Gerechtigkeit. 11 Wenn aber der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen, durch seinen Geist, der in euch wohnt.

 
(1) Es ist normal, ja notwendig, dass ein Christ sich immer wieder neu die Frage stellt, wie er seine Berufung zum Christsein leben soll. Einerseits hat er gelernt, dass er erlöst ist und andererseits erfährt er immer wieder, dass er mit seinen guten Vorsätzen, ein geistliches Leben zu führen, scheitert, nicht zuletzt, weil er gar nicht so recht weiß, was „ein geistliches Leben führen“ überhaupt bedeutet. Viel wird heute von Spiritualität geredet, wenig davon „Wie spirituell leben?“. Im Römerbrief 8,8-11 gibt uns der Apostel Paulus wertvolle Hinweise, wie in der Nachfolge Jesu „geistliches Leben“ möglich ist.

Unserem Text gehen zwei Kapitel voraus, in denen Paulus sich mit der Rechtfertigung des Sünders auseinandersetzt (3,21-4,25). In 8,1-11 geht es um die Frage, wie der von Jesus Christus Gerechtfertigte in der Versuchung vor dem Sündigen bewahrt werden kann, wie Christen also in der geschenkten Gerechtigkeit zu bleiben vermögen. Dem folgt die Aufforderung, die Chance zu ergreifen, die Sünde zu überwinden (8,12-17). Anschließend ermutigt er die Leser zum Leiden mit Christus in der Bedrängnis (8,18-32) und dann motiviert er abschließend zu einem Leben in Gerechtigkeit (8,33-39).

Der Lesungstext bietet zunächst die Beschreibung einer geistlichen Existenz im Unterschied zu einer der Welt (dem Fleisch) verpflichteten Existenz (8,8-9). Danach wendet er die gewonnene Beschreibung auf das Leben der Briefadressaten, den Brüdern und Schwestern der Gemeinde in Rom, an (8,10-11). Schließlich gilt es, die Konsequenzen für unser geistliches Leben in der Nachfolge Jesu zu ziehen.

(2) Paulus unterscheidet zwischen einem fleisch- und einem geistbestimmten Leben. Petrus will Jesus davon abhalten, nach Jerusalem zu gehen, um dort den Willen Gottes zu erfüllen. Jesus weist ihn – kurz nachdem er ihn ausgezeichnet hatte - entschieden in die Schranken: „Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen (Mt 16,21-23)“. Petrus ist in diesem Fall vom Fleisch, nicht vom Geist bestimmt. Der Gutsbesitzer, der sich über eine überreiche Ernte freuen darf, denkt an nichts anderes als seinen eigenen Vorteil. Sein vom Fleisch bestimmtes Leben endet tragisch (Lk 12,16-21). Auch Hananias und seine Frau Saphira waren vom Fleisch bestimmt, als sie mit geteiltem Herzen den reduzierten Erlös den Aposteln zu Füßen legten (Apg 5,1-11). Vom „Fleisch bestimmt sein“ bedeutet Tod, weil Fleisch Sünde/Feindschaft gegen Gott impliziert. Wer vom Fleisch bestimmt ist, der ist auf die Interessen des Fleisches aus. Weltliche Interessen (Eigenwille, Eigensinn und Eigennutz) bestimmen sein Denken.

Petrus lebt aber auch vom Geist bestimmt. Als Jesus seine Jünger fragt, für wen sie ihn halten, bekennt Petrus stellvertretend für sie, dass er der Messias, der Sohn Gottes ist. Jesus gibt ihm zur Antwort: „Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel. (Mt 16,17)“ Vom „Geist bestimmt sein“, bedeutet Leben und Frieden und heißt, die Interessen des Geistes im Blick haben. Es verwundert, dass beides im Leben des Felsenmannes Petrus sich Gehör und Verwirklichung verschafft. Aber offenbar darf es in der Jüngerschaft Jesu ein Teils-teils nicht geben, sondern nur ein Entweder-oder.

Paulus lenkt unsere Aufmerksamkeit darauf, dass wir beide Tendenzen (Fleisch- oder Geistbestimmt) in uns wahrnehmen und erkennen, ob ein Impuls in Richtung Leben weist, oder ob er einen Todesgeruch (manchmal auch verborgen) in sich birgt. Paulus greift da offensichtlich auf seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit dem Heiligen Geist zurück.

Paulus wendet nun die dargestellte Wesensbeschreibung des geistlichen Menschen auf die Leser und Leserinnen in Rom an. Er attestiert ihnen nicht einfach, dass sie im Geist sind. Die Zugehörigkeit zur Gemeinde und die Taufe setzen nicht automatisch voraus, dass der Geist Gottes/Christi tatsächlich in ihnen wohnt; daher das „Wenn aber (wirklich)“. Sie müssen sich fragen, ob sie den Geist Gottes kennen und sich nach ihm ausrichten, ob sie in der Beziehung zu Jesus Christus leben, sodass dieser in ihnen wohnt, ob sie um den Heiligen Geist bitten und offen sind für seine Gegenwart, ob sie bereit sind mit seinen Gaben auch zu leben.

Wenn nun Christus wirklich in ihnen ist, gibt es trotzdem immer noch diese beiden Bereiche in ihnen, den Bereich des Todes (Paulus nennt ihn Leib) und den Bereich des Geistes. Ersterer neigt zur Sünde und ist eine Nachwirkung des früheren Lebens in Sünde. Zweiterer ist Leben aufgrund des Gerechtgemacht-worden-seins durch Jesus Christus. Beide sind vorwillentliche Zustände, der eine ist Postfach für eine Einladung zur Versuchung zur Sünde, der andere für eine Einladung zum Leben aus dem Geist.

Durch Jesu Tod am Kreuz ist ihnen/uns ein Fundament gegeben, auf dem sie/wir nun gerecht leben und handeln können. Uns ist eine Geist-Existenz geschenkt, wenn der auferstandene Christus „in uns ist“. Sie befähigt uns, gerecht zu handeln. Wir müssen uns zum Handeln entscheiden und es auch wirklich tun.

Eine besondere Beziehung des Heiligen Geistes wird in Vers 11 ausgesagt. Der Geist dessen, der Jesus Christus auferweckt hat, also der Geist des Vaters, wohnt in uns. „Wenn er als solcher in uns wohnt, dann hat er auch hier eine totenerweckende Funktion!“[1] Wann nun wird der Lebendigmacher wirken? Die Mehrheit der Exegeten sagt, bei der Vollendung am Jüngsten Tag. Norbert Baumert begründet eine andere, näher liegende Deutung: „Denn, wenn der Geist so betont als der uns inne-wohnende bezeichnet wird, dann ist das Nächstliegende, dass er sein „lebendigmachendes“ Wirken während dieser Zeit des Innewohnens vollbringt und nicht nur und erst am Ende der Zeit…).“[2]

(3) Paulus gibt uns in dieser Perikope einen wertvollen Hinweis für unser geistliches Leben in der Nachfolge Jesu. Der vom Fleisch bestimmte Mensch wird von der Verurteilung befreit, wenn er den Retter Jesus Christus annimmt und so in Christus ist. Die Sünde verliert seine Macht über ihn.

Mit dieser Erlösung (Befreiung) beginnt nun ein Prozess, der mit der Aufgabe des christlichen Lebens einhergeht. Der Mensch ist in diesen Prozess mit seiner Freiheit und Verantwortung einbezogen. Gott gibt ihm eine Geist-Existenz als Basis für ein Handeln in Gerechtigkeit. Der Mensch kann und darf jedenfalls nicht im Zustand der ersten Bekehrung und Gerechtmachung stehen bleiben, sondern er muss in Freiheit mit der angebotenen Kraft Gottes handeln. So wird er immer mehr Leben empfangen, so dass das „Tote“ in ihm mehr und mehr überwunden wird. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott „unser Leben in Gerechtigkeit“ vermehrt, wenn wir dem Geist folgen, der uns gegeben ist. Damit wird der Todesbereich in uns mehr und mehr zurückgedrängt. „Der uns innewohnende Geist wird seine Verheißung des Lebens hier und jetzt immer mehr wahrmachen, wenn wir geistgemäß leben.“[3]

[1] N. Baumert, Hochform 145
[2] N. Baumert, Hochform 145
[3] N. Baumert, Hochform 146

4. Sonntag der Fastenzeit A      Eph 5,8-14

8 Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Lebt als Kinder des Lichts! 9 Denn das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor.
 
10 Prüft, was dem Herrn gefällt, 11 und habt nichts gemein mit den Werken der Finsternis, die keine Frucht bringen, deckt sie vielmehr auf!
 
12 Denn von dem, was sie heimlich tun, auch nur zu reden, ist schändlich.[1] 13 Alles, was aufgedeckt ist, wird vom Licht erleuchtet. 14 Denn alles Erleuchtete ist Licht. Deshalb heißt es: Wach auf, du Schläfer, / und steh auf von den Toten / und Christus wird dein Licht sein.

 
(1) Im zweiten Teil des Briefes (4,1-6,20) überwiegen mahnende Aussagen. Die Glaubenden sollen sich auch in praktisch-ethischer Hinsicht von denen abgrenzen, die „in ihrem nichtigen Denken“ (4,17) verfangen sind und Gott nicht kennen. Im Zusammenleben der Gemeinde (4,17-5,20) soll das Ethos der Liebe gelten.[2]

Im vorliegenden Lesungstext Eph 5,8-14 werden die vorausgehenden ethischen Forderungen mit dem Kontrastbild Licht – Finsternis zusammengefasst. Den Juden ist dies aus den Schriften der Propheten bekannt. Die Finsternis ist neben dem Licht Teil der guten Schöpfung Gottes (Jes 45,7). Die Gegensätze Licht und Finsternis werden aber auch als Synonyme für Gut und Böse verwendet (Jes 5,20). Die Finsternis hat also mit der Sünde und Bösem zu tun; sie verbirgt und deckt zu. Die prophetische Rede deckt es auf und macht es sichtbar.

"Lebt als Kinder des Lichts!" ruft der Verfasser des Briefes seinen Lesern zu. Licht zu sein im Herrn ist eine Auszeichnung, ein Geschenk, eine Gnade. Sie, die einst Finsternis waren, wurden Licht in Gott. Die unterschiedlichen Lebensabschnitte werden durch die zeitlichen Bestimmungen "einst" und "jetzt" markiert.

 (2) In unserem Text werden die „Werke der Finsternis“ als unfruchtbar bezeichnet, während als „Frucht des Lichtes“ „Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“ genannt werden. Implizit werden die Leser aufgefordert, auf die Ergebnisse der jeweilig angedachten Taten zu achten. Sie sollen also, „bevor sie etwas tun, die ‚Taten‘ in sich, also die Handlungsweisen als solche ‚prüfen‘ (Ps 25,7; 39,2; 119,11.141;“[3] Die Kriterien bei der Prüfung sind Fruchtbarkeit und Wohlgefallen Gottes einerseits, sowie Unfruchtbarkeit und Missfallen Gottes andererseits.

Geprüft werden soll das Zustandekommen ihrer (eigenen) Taten und nicht etwa die Taten anderer. Wenn unfruchtbare Werke attraktiv und anziehend wirken, sie sich aber ihrer wahren Natur nicht sicher sind, sollen sie sich diesen Handlungsimpulsen nicht anschließen, sondern sie aufdecken. Es gilt: Prüft, bevor ihr handelt! Prüfen (in Vers 10) zielt auf eine Qualitätskontrolle von Handlungen, bevor sie getan oder nicht getan werden. „Hüte dich vor deinen Gedanken, denn sie sind der Anfang der Tat“ bzw. „Aus dem Herzen kommen ja die bösen Gedanken“ (Mt 15,18). Sie sind zu identifizieren und ans Licht zu bringen.

Wie aber soll das gehen? Das Böse hat die Tendenz, seine Taten zu verbergen. Sie können nur verhindert werden, wenn sie entlarvt werden und ihnen die Maske der Verlogenheit vom Gesicht gerissen wird. Das bedeutet einen „geistlichen Kampf“[4] gegen Versuchungen im Inneren des Menschen selbst. „Die Werke der Finsternis“ bieten sich an und präsentieren sich einladend, zeigen aber nicht ihr wahres Gesicht und verbergen ihre Folgen, so dass sie nicht gleich durchschaut werden. Sie sollen aufgedeckt und ins Licht Gottes gehalten werden.

Das Aufgedeckte wird vom Licht erleuchtet. Der Mensch sieht aufgrund dieses Lichts seinen Weg, sieht also, was gut und böse ist. Nun wird Licht unterschieden vom Wort (Vers 13f). Der Leser soll sich gegen die Versuchung der Finsternis nicht mit analysierenden und argumentativen Worten zur Wehr setzen, sondern der Finsternis mit dem Licht Gottes wehren. Das Aufdecken der Finsternis besteht darin, dass der Angefochtene alle seine Gedanken, Wünsche und Reaktionen vor Gott mutig ausbreitet.[5] Dann kann Gottes Licht darauf fallen und ihm Klarheit schenken.

Ein Lied oder Spruch im abschließenden Vers 14 verstärkt diesen Unterscheidungs-Prozess und ermutigt dazu, sich aus der Dunkelheit des Schlafes aufzurichten und geistlich aktiv „aus dem Toten aufstehen“, damit im Licht Christi die Qualität der Handlungen, um die es geht, zu erkennen ist. Es geht hierbei nicht um „die Auferstehung, die Gott schenkt, sondern um die Aufforderung an den Menschen, aus dem Dunkel des sittlichen Todes herauszutreten“[6], selbst aufzustehen und die Mühe der Unterscheidung auf sich zu nehmen - immer wieder von Neuem.

(3) „Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel, mitten in einer verdorbenen und verwirrten Generation, unter der ihr als Lichter in der Welt leuchtet.“[7] Diese zwei Verse aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper verdeutlichen noch einmal das unterscheidend christliche Verhalten der Gläubigen in der Welt, damals und heute.

"Das gesamte Neue Testament sieht die Kirche als Kontrastgesellschaft, die zur Welt im Gegenüber steht. Man fragt sich voll Trauer, wie es eigentlich möglich war, dass man diesen Tatbestand in der Christenheit so sehr verdrängen konnte."[8]
 
 
 
[1] Vers 12 übersetze ich mit Baumert/Seewann, Berufung 318: „Denn über das, was sich unbemerkt, sozusagen im Halbdunkel aus ihnen ergibt, noch zu reden ist unangemessen!“
[2] Aus der Einleitung zum Epheser-Brief: Einheitsübersetzung 2016
[3] Baumert/Seewann, Berufung 326
[4] Vgl. Eph 6,10-20
[5] Zwei Geschäftspartner, die gerade ein gemeinsames, gemeinnütziges Projekt erfolgreich abwickeln, planen ein neues, vielversprechendes und herausforderndes. Doch bei einem Treffen eskaliert eine Meinungsverschiedenheit zum handfesten Streit. Einer der beiden fühlt sich über den Tisch gezogen und hintergangen. Allein zu Hause fühlt er sich gedemütigt, verletzt, wütend und enttäuscht. Er will Konsequenzen ziehen und die Partnerschaft beenden. Wie sollte er gemäß dem Vorschlag unserer Lesung agieren? Zunächst sollte er wohl Gott um Frieden bitten, um überhaupt klar denken zu können. Noch ist er erregt, ereifert sich und ist erhitzt. Ps 37,1-8 kann ihm helfen, zur Ruhe zu kommen. Dann sollte er seine Verletzung, seine Wut und seinen Zorn ehrlich anschauen. Er sollte Gott um Hilfe bitten, das, was ihn wirklich kränkt bzw. verletzt hat, demütig anzunehmen. Er kann Gott um Heilung bitten und sich der Liebe Gottes öffnen. Schließlich müsste er ehrlich anschauen, von welchen Motiven seine Entscheidung, die Zusammenarbeit aufzukündigen, geleitet ist. Die Kriterien sind klar: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Bei diesem Prozess sollte die Bitte um Licht und Klarheit von Gott leitend sein. Bei verbalen Auseinandersetzungen sollte auf die destruktive Kraft spontaner Reaktionen geachtet werden, um unüberlegte Handlungen zu vermeiden.
[6] Baumert/Seewann, Berufung 328
[7] Phil 2,14-15
[8] G. Lohfink, Gemeinde, 187

3. Fastensonntag            Röm 5,1-9

1 Gerecht gemacht also aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. 2 Durch ihn haben wir auch im Glauben den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. 3 Mehr noch, wir rühmen uns ebenso der Bedrängnisse; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, 4 Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung.
 
5 Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. 6 Denn Christus ist, als wir noch schwach waren, für die zu dieser Zeit noch Gottlosen gestorben. 7 Dabei wird nur schwerlich jemand für einen Gerechten sterben; vielleicht wird er jedoch für einen guten Menschen sein Leben wagen. 8 Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.
 
9 Nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht gemacht sind, werden wir durch ihn erst recht vor dem Zorn gerettet werden.

 
(1) Im Kontext des Briefes an die Römer hat sich der Apostel Paulus mit der Frage auseinandergesetzt (ab 3,21): Wie mit Gott Frieden machen? Jetzt in 5,1 beginnt etwas Neues. Zunächst fasst er den Abschnitt 3,21-4,25 zusammen mit den Worten: „Gerecht gemacht also aus Glauben“ und setzt mit einer Aufforderung fort: „Lasst uns Frieden halten mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“[1]

Paulus geht von der Glaubenserfahrung vieler Menschen aus. Er kennt die Gefährdung des Menschen auch nach dem grundlegenden Rettungsakt der Gerechtmachung durch Gott. Sie haben ihre Sünden bekannt und sie wurden ihnen vergeben. Nach einer längeren oder kürzeren Phase hochgemuten Lebens in der Nachfolge Jesu stellen sich Störungen, Hindernisse und Zweifel dem Glauben in den Weg. Überwunden vermutete Abhängigkeiten melden sich wieder zu Wort. Versuchungen beginnen den Neubekehrten zu ängstigen und er stellt sich die bange Frage: Werde ich dieses neue Leben in der Nachfolge Jesu schaffen?[2]

Paulus macht seinen Lesern angesichts möglicher innerer und äußerlicher Bedrängnisse Mut und spricht von Hoffnung. Diese Hoffnung hat aber Gegenwarts-bezug, auch wenn sie erst am Ende der Zeit ihre Vollendung findet. Er weist auf die Liebe Gottes hin, die sie auf dem neuen Weg nicht im Stich lassen, sondern ihnen helfen wird in der Bedrängnis standzuhalten.

„Der Seelsorger Paulus… spricht hier nicht mit dem erhobenen Zeigefinger moralischer Entrüstung, sondern in der Haltung eines verständnisvollen Weg-Begleiters, der seine Brüder und Schwestern zu stärken weiß.“[3]

(2) Ein Schlüssel zum Verständnis des Textes ist die „Hoffnung der Herrlichkeit“.[4] Inhalt dieser Herrlichkeit ist unsere Gerechtmachung durch Jesu Christi Tod am Kreuz. Gott hat uns durch Jesu Tod mit sich versöhnt. Die Trennung hat Gott aufgehoben. Die „Hoffnung der Herrlichkeit“ gründet in der Liebe Gottes. Gott, der die Sünder gerettet hat, wird den Gerechtgemachten, der mit Gott Frieden hält, also in Übereinstimmung mit ihm leben möchte, erst recht nicht verlassen.

Darum rühmt sich der Gläubige der „Hoffnung der Herrlichkeit Gottes“ nicht nur im unangefochtenen Leben, sondern auch in Bedrängnissen. Die Stufenleiter der inneren Entwicklung (Bedrängnis, Geduld, Bewährung, Hoffnung) weist den Weg vom Standhalten in der Bedrängnis bis zur Stärkung der Hoffnung, die aus der Liebe Gottes kommt.
Mit der „Hoffnung der Herrlichkeit Gottes“ möchte Paulus über die Bedrängnisse hinweghelfen. Es muss bewusst sein, dass die Herrlichkeit Gottes unsichtbar, ungreifbar und unverfügbar ist, eben nicht von der Art der Dinge dieser Welt. Die Belastungen des Lebens können diese Herrlichkeit verdrängen und über-decken. In dieser Situation ist es wichtig sich nicht entmutigen zu lassen, sondern mit den Augen des Geistes auf die geistige Wirklichkeit der Herrlichkeit Gottes zu schauen. Wenn dann vom Geist her Impulse der Stärkung und des Trostes erfahren werden, dann darf sich der Empfänger dieser unsichtbaren Wirklichkeit rühmen. Er wird erfahren haben, dass mitten in der Bedrängnis, wenn er auf Gott schaute, jene verborgene Wirklichkeit zu strahlen begann und ihm Mut machte zum Durchhalten.[5] Weil er aber noch nicht am Ziel ist muss er versuchen darin übend zu wachsen und darf sich dankbar freuen.

Aber nicht die Bedrängnis selbst wirkt die Geduld, sondern sie fordert dazu heraus, von Gott her die verborgene Kraft seines Geistes zu erwarten und zu empfangen. Wer in der Bedrängnis durchgehalten hat durch den Aufblick zu Gott, weiß, dass sich dieser Weg der Hoffnung bewährt hat. Das Festhalten an der Verheißung der Hilfe Gottes hat sich als tragfähig erwiesen, ebenso die Verlässlichkeit seiner hier und jetzt wirkenden Kraft. Diese Erfahrungen geben neue Hoffnung und stärken sie: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen;“

Paulus begründet die Tatsache, dass die Hoffnung jetzt nicht zugrunde gehen lässt, damit, dass die Liebe Gottes jetzt schon in unsere Herzen ausgegossen ist. Er setzt dabei auf eigene Erfahrungen und auch auf jene der Leser: Gottes Liebe strömt ins Herz des Menschen und verwandelt ihn von innen her.
Das Argument für die Liebe Gottes (Vers 6) wird weiter entfaltet und begründet (Verse 7-8). Es ist kaum denkbar, dass jemand selbst für einen Gerechten stirbt. Es könnte allerdings sein, dass jemand für das Gute sein Leben einsetzt. Aber sogar für Sünder sterben? Dass Jesus für uns Sünder starb war menschlich nicht zu erwarten. Doch Jesus hat es getan! Jesus stirbt also weder für einen Gerechten, noch für einen guten Menschen, noch für einen guten Freund[6], sondern für die Gottes-Verweigerer, für die Gottesleugner, für die Feinde[7], für die Sünder, für mich. Das heißt doch: „Mit Gott Frieden halten und auch in der Bedrängnis uns nicht von ihm abdrängen lassen, sondern gerade dann auf die Liebe Gottes schauen! Denn wenn er uns noch als Sünder liebte, dann wird er, Gott selbst, erst uns als in Christus gerecht Gemachte unversehrt bewahren, fern von (seinem) Zorn.“[8]

(3) Die Stufenreihe von der Bedrängnis zur Hoffnung zu durchleben ist keine Selbstverständlichkeit. Luther hat gesagt, es könnte ja auch ganz anders heißen, nämlich Bedrängnis „bringt Ungeduld, Ungeduld bringt Verstockung, Verstockung bringt Verzweiflung, Verzweiflung aber lässt ganz zuschanden werden. Ja, so muss es heißen, wenn uns der Friede Gottes verloren geht.“[9]

[1] Ich folge der Übersetzung von N. Baumert, Hochform 88
[2] Ignatius von Loyola beschreibt diese Phase seines Lebens im „Bericht des Pilgers“ in den Erfahrungen in Manresa. P. Knauer, Bericht, 45-60
[3] N. Baumert, Hochform 87
[4] Die Einheitsübersetzung verweist durch „Hoffnung auf die Herrlichkeit“ auf die jenseitige Herrlichkeit.
[5] Eine Hilfe diesen Weg zu gehen ist auch Psalm 62,1-9
[6] In F. Schillers Ballade „Die Bürgschaft“ ist ein Freund bereit für seinen Freund zu sterben.
[7] Vgl. T. Söding: Kirche 203.206: In Römer 5,1-11 spricht Paulus ausdrücklich von der Feindesliebe Gottes. Damit bringt er zum Ausdruck, was Jesus in der Bergpredigt gedacht hat und weist darauf hin, dass die Menschen es nicht verdient haben, dass Jesus sein Leben für sie hingibt.
[8] N. Baumert, Hochform 90
[9] D. Bonhoeffer, Brevier, 103

2. Fastensonntag             2 Tim 1,8b-10                    
 
8b Mein Sohn! Leide mit mir für das Evangelium. Gott gibt dazu die Kraft:
 
9 Er hat uns gerettet; mit einem heiligen Ruf hat er uns gerufen, nicht aufgrund unserer Werke, sondern aus eigenem Entschluss und aus Gnade, die uns schon vor ewigen Zeiten
in Christus Jesus geschenkt wurde;
10 jetzt aber wurde sie durch das Erscheinen unseres Retters[1] Christus Jesus offenbart.
 
Er hat dem Tod die Macht genommen
und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht durch das Evangelium.

 
 
(1) Martin Buber hat in seiner Sammlung der chassidischen Erzählungen eine aufgenommen, die den Titel „Der Wächter“ trägt: In Ropschitz, Rabbi Naftalis Stadt, pflegten die Reichen, deren Häuser einsam oder am Ende des Ortes lagen, Leute zu dingen, die nachts über ihren Besitz wachen sollten.
 
Als Rabbi Naftali sich eines Abends spät am Rande des Waldes erging, der die Stadt säumte, begegnete er solch einem auf und nieder wandelnden Wächter. «Für wen gehst du?» fragte er ihn. Der gab Bescheid, fügte aber die Gegenfrage daran: „Und für wen geht Ihr, Rabbi?» Das Wort traf den Zaddik wie ein Pfeil.
 
«Noch gehe ich für niemand», brachte er mühsam hervor, dann schritt er lange schweigend neben dem Mann auf und nieder. «Willst du mein Diener werden?» fragte er endlich. «Das will ich gern», antwortete jener, «aber was habe ich zu tun?“ „Mich zu erinnern», sagte Rabbi Naftali.
 
Rabbi Naftali wollte also erinnert werden, dass er sich entscheidet für jemanden zu gehen. Habe ich mich schon entschieden für jemanden zu gehen?
 
(2) Paulus, der geistliche Vater des Timotheus, an den der testamentarische Brief adressiert ist, ermutigt den "geistlichen Sohn": "Leide mit mir für das Evangelium." Paulus will, dass sich Timotheus für seinen Einsatz zugunsten des Evangeliums, an ihm ein Beispiel nimmt. Sein persönliches Zeugnis für Jesus Christus und dessen Evangelium soll für seinen Schüler vorbildlich sein.
 
Ursprünglich war Paulus ein glühender Verfechter der Sache Gottes und verfolgte die Anhänger Jesu. Durch die Begegnung mit Jesus vor Damaskus ist er ein ebenso glühender Apostel Jesu Christi geworden. Jesus nahm ihn in seinen Dienst und sandte ihn zu den Völkern, um ihnen das Evangelium zu bringen. Paulus sprach nur dann von seinen physischen Mühen und Strapazen und von seinen psychischen Verletzungen und Wunden, wenn er sich gegen Anfeindungen und Verdächtigungen zur Wehr setzte. Diese Herausforderungen mutet er auch Timotheus zu, weil er überzeugt ist, dass sie zur Jüngerschaft Christi gehören.
 
"Gott gibt dazu die Kraft." So motiviert Paulus seinen Schüler Timotheus zum Mitleiden für die Verbreitung des Evangeliums und zählt einige Heilshandlungen Gottes auf. Das soll seinem Schützling das geistliche Rückgrat und das Vertrauen in seine Sendung stärken. Er kann sich jederzeit dieser Quelle bedienen, um Kraft zu schöpfen.
 
Kraft gibt die Tatsache, dass Gott „uns gerettet hat." Vor dem Hintergrund des Leidens und Sterbens des Sohnes Gottes am Kreuz können Paulus und Timotheus ihr Leben für das Evangelium wagen, weil der Tod nicht nichtet, sondern weil die Verbindung mit Gott über den Tod hinaus untrennbar ist. Kraft geben soll auch die Berufung von Gott. Diese basiert nicht etwa auf eigenen Vorzügen oder besonderen Verdiensten, sondern auf reiner Gnade, und zwar schon seit "ewigen Zeiten". Timotheus soll wissen, dass er kostbar ist in den Augen Gottes. Alles das ist durch Jesu Menschwerdung und Leben, durch sein Sterben und seine Auferstehung,  sichtbar geworden.
 
Jesus war der Mensch ganz nach dem Geschmack Gottes. Im Hören auf den Vater hat er seinen Willen wahrgenommen und in Treue erfüllt. Weil Adam Gottes Willen ignorierte, kam der Tod in die Welt. Jesus hat durch die gehorsame Erfüllung des Willens seines Vaters „dem Tod die Macht genommen." Durch die Auferstehung Jesu wird der Tod als letzter Feind Gottes und der Menschen besiegt (1Kor 15,26). Darum leuchtet in unserem Leben "das Licht des unvergänglichen Lebens", das Jesus durch das Evangelium gebracht hat. Paulus betont, dass es genau das Evangelium ist, das er verkündet.
 
Dass sich dieses Licht über die ganze Welt ausbreitet, ermutigt Paulus seinen "geistlichen Sohn" mit ihm für das Evangelium zu leiden. Nichts kann ihn von der Liebe Gottes trennen. Nicht einmal der Tod.
 
(3) Paulus und Timotheus gehen für Jesus. Für wen gehe ich? Wenn ich mich für Jesus entscheide, verpflichte ich mich, das Evangelium auf meine Weise zu verkündigen. Charles de Foucauld legt Jesus Worte in den Mund, die seine persönliche Art der Verkündigung des Evangeliums ausdrücken: „Deine Berufung: Schweigend das Evangelium verkünden, wie ich es im Verborgenen tat, wie Maria und Josef es taten. Deine Regel: Folge mir. Tun, was ich tun würde. Handeln, wie ich handeln würde. Frag dich in allem: Was hätte unser Herr getan?, und tu es. Das ist deine einzige Regel. Aber sie gilt immer.“

[1] 1,10 Der Titel «Retter» (Heiland) wird in den Pastoralbriefen sowohl auf Gott wie auf Christus angewandt (vgl. 1 Tim 1,1).

1. Fasten-Sonntag  A                        Röm 5,12-19

12 Wie durch einen einzigen Menschen die Sünde in die Welt kam und durch die Sünde der Tod und auf diese Weise der Tod zu allen Menschen gelangte, weil alle sündigten[1] …
 
17 Denn ist durch die Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft gekommen, durch diesen einen, so werden erst recht diejenigen, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteilwurde, im Leben herrschen durch den einen, Jesus Christus. 18 Wie es also durch die Übertretung eines Einzigen für alle Menschen zur Verurteilung kam, so kommt es auch durch die gerechte Tat eines Einzigen für alle Menschen zur Gerechtsprechung, die Leben schenkt.
 
19 Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern gemacht worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten gemacht werden.

 
(1) Wer heute die Nachrichten im Fernsehen verfolgt oder die Tageszeitung aufschlägt, der wird mit Hass, Terror, Krieg und Gewalt konfrontiert. "So schlimm war es noch nie!" sind die Seher und Hörer zu behaupten geneigt und vergessen die Gräueltaten des 20. Jahrhunderts. Das, welches heute die politisch-gesellschaftliche Großwetterlage bestimmt hat offenbar auch Einfluss auf unseren Alltag. Verdächtigungen, Respektlosigkeiten, Verleumdungen, Neid, Konkurrenzkampf, Verrat, Rache, Eigennutz und Hass bestimmen heute immer mehr unser Miteinander.

Bei einem realistischen, ehrlichen Blick auf das Geschehen rundum kann man schon Angst bekommen, weil sich vor allem das Böse stark in den Vordergrund drängt. Schnell stellt sich das Gefühl ein, auf der weiten Welt einsam und verlassen zu sein, keinen sicheren Ort mehr zu haben, sogar entwurzelt zu sein. Auch unser Wertgefüge scheint sich aufzulösen: Was zählt überhaupt noch? Wo finde ich als Christ bei dieser düsteren Großwetterlage ein sicheres Dach über den Kopf?

(2) In den Versen, die unserer Lesung vorausgehen, spricht Paulus von der Hoffnung der Glaubenden (Röm 5,1-11). Er betont, dass Bedrängnis Geduld bewirkt, "Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; ... Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes ... werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben." Vor diesem Hintergrund spricht Paulus von den unterschiedlichen Folgen des Handelns Adams und Jesu.

Adam hat durch die Missachtung des Verbotes, vom Baum in der Mitte des Gartens Eden zu essen, die Sünde in die Welt gebracht und durch die Sünde den Tod. Ausgelöst wird diese Ursünde durch tiefes Misstrauen gegen Gott. Ihr liegt die Selbstherrlichkeit des Menschen zugrunde, der nicht mehr Geschöpf, sondern wie Gott sein will. Sünde ist also: "Misstrauen gegen Gott, Übertretung seines Verbotes, Selbstherrlichkeit, ichbesessene Gewalttat."[2] Die Sünde zerstört die Nähe zu Gott, zum Mitmenschen und zur Umwelt.

Kam es nun "durch die Übertretung eines einzigen für alle Menschen zur Verurteilung", so wird es durch die gerechte Tat Jesu "für alle Menschen zur „Gerechtsprechung“ kommen." Paulus stellt der Verbotsübertretung Adams die "Gerechtigkeit" Jesu gegenüber. Sie besteht in der vollkommenen Erfüllung des Willens Gottes. Jesu ganzes Leben und Sterben ist davon geprägt. Seine "gerechte Tat" ist die konkrete und endgültige Verwirklichung des Heilswillens Gottes, ist sein Sterben am Kreuz und seine Auferstehung. Seine Hingabe ist unsere „Gerechtsprechung“. Gott rechnet uns unsere Sünden nicht an.

Paulus stellt aber auch Adams "Ungehorsam" Jesu "Gehorsam" gegenüber, der für unser Heil wichtig ist. Wie im Deutschen, so weist auch im Griechischen das Wort "Gehorsam" auf das "Hören" hin. Jesus hört auf Gottes Wort und ist ihm gehorsam, selbst in der Extremsituation der Todesgefahr. So steht die Anmaßung Adams im Garten Eden dem Gebet Jesu im Garten Getsemani gegenüber: "Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst." (Mt 26,39) "Obwohl er der Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt." (Hebr 5,8) Während Adam wie Gott sein wollte, hat Jesus sein Gottsein losgelassen (Phil 2,6). Jesus hat sich frei zum Gehorsam entschieden.

Wenn Paulus Adam und Christus einander gegenüberstellt, ist ihm wichtig verständlich zu machen, dass es zwischen Schuld und Gnade keine Entsprechung gibt. Es wird nicht gegenverrechnet. Die Gnade gibt es im Überfluss ohne Gegenleistung. Segen spendet Gott aus seiner Fülle, die durch Teilen noch größer wird. Jesus führt uns durch den Tod hindurch zur Auferstehung und in der Gegenwart erschließt er uns die Liebe Gottes, die stärker ist als der Tod und das ewige Leben.
(3) Der Herrschaftsbereich der Sünde und des Todes ist uns aus den Medien bestens vertraut. Paulus zeigt uns, dass es auch noch einen anderen Bereich gibt: Den "Bereich der Gnade, des Lebens und der Freiheit, in dem alle Selbstentfremdung aufgehoben werden kann. Es ist der Herrschaftsbereich Christi und seines Heiligen Geistes."[3]


[1] Der Zusammenhang von Sünde und Tod spielt in der alttestamentlich-jüdischen Tradition eine wichtige Rolle. Der Tod ist nicht nur Zeichen für die Vergänglichkeit, sondern auch für das Gericht über die menschliche Sünde (6,23). Sünde wird hier wie sonst in der Bibel als eine überpersönliche Macht verstanden, der sich der einzelne Mensch nicht zu entziehen vermag; dazu trägt er allerdings durch sein Tun selbst bei und ist daher mitverantwortlich.
[2] Lohfink/Weimer, MARIA, 17
[3] Lohfink/Weimer, MARIA, 103

Aschermittwoch                               2 Ko 5,20-6,2
 
20 Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen! 21 Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.
 
1 Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, dass ihr seine Gnade nicht vergebens empfangt. 2 Denn es heißt: Zur Zeit der Gnade habe ich dich erhört, / am Tag der Rettung habe ich dir geholfen. Siehe, jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; siehe, jetzt ist er da, der Tag der Rettung.

 
 
(1) „Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ ruft Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther seinen Adressaten zu. Die neutestamentliche Lesung am Aschermittwoch fokussiert ein für den Apostel Paulus zentrales Glaubensgeheimnis, die Versöhnung. Vermutlich erwartete sich Paulus von der Verwirklichung seiner Bitte, einen versöhnten Umgang der Gemeindemitglieder untereinander und auch mit sich selbst. Sein Verhältnis zu den Korinthern war durch Konflikte und Missverständnisse belastet.
 
(2) Mit den Worten „Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ tritt der Völkerapostel als Bittsteller vor die Gemeinde. Als Apostel ist ihm der „Dienst der Versöhnung“ aufgetragen. Daher versteht sich Paulus als Diener der Versöhnung. Er betont ausdrücklich, dass er nicht in eigenem Namen und mit eigener Autorität auftritt, sondern als von Jesus Christus Gesandter, als Stellvertreter des Auferstandenen. Paulus verkündet die Versöhnung im Namen Jesu und mit der Vollmacht Jesu. Wie den Jüngern in den Aussendungsreden hat er auch Paulus Anteil an seiner Sendung gegeben, die er von Gott empfangen hat.
 
Wenn Paulus die Korinther mit dem „Wort von der Versöhnung“ konfrontiert, dann legt er seinen Adressaten ein Angebot vor, das zwei Aspekte enthält. Einerseits hat Gott „in Christus die Welt mit sich versöhnt“. Durch Jesu Tod und Auferstehung hat Gott die Welt mit sich versöhnt. Andererseits liegt es nun an ihnen, ihren Teil beizutragen, nämlich das Geschenk der von Gott gewirkten Versöhnung anzunehmen, sich versöhnen zu lassen und in Frieden zu leben. „Als Mitarbeiter Gottes“ unterstreicht Paulus die Wichtigkeit der Annahme dieses Angebotes, denn sie sollten „seine Gnade nicht vergebens“ angeboten bekommen haben. Um die Korinther zur Annahme zu motivieren, weist Paulus darauf hin, dass Gott den ersten Schritt gesetzt hat: „Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.“
 
Die Evangelisten und Verfasser der neutestamentlichen Briefe sind sich einig, dass Jesus der Versuchung zur Sünde nicht erlegen ist. Er lebte nicht im Widerspruch zu Gott, sondern in Übereinstimmung mit ihm. In den Versuchungserzählungen kommt das klar zum Ausdruck. Gott hat Jesus nicht in dem Sinne „für uns zur Sünde gemacht“, dass er ihn willentlich unter das Joch der Sünde gezwungen hätte. Gott hat „in Christus die Welt mit sich versöhnt, indem er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnete“. „Es ist ‚meine’, es ist ‚unsere’ Sünde, die Jesus aushält – und im Sterben fortschafft. Er hat es an ‚meiner’, an ‚unserer’ Stelle, er hat es zu ‚meinem’, zu ‚unserem’ Heil getan.“[1] „Gerechtigkeit Gottes“ werden wir, wenn wir in der Kraft des Todes und der Auferstehung Jesu, von Gottes Gerechtigkeit geprägt werden, mit ihr eins und durch sie gerecht werden. Denn „Jesus ist der Gerechte, der die vielen gerecht macht, indem er ihre Schuld auf sich lädt (vgl. Jes 53,11).“[2]
 
(3) Der Sinn oder Erfolg einer jeden Vorbereitungszeit hängt von der Einstellung ab, mit der diese Zeit gestaltet wird. Das gilt besonders auch für die Fastenzeit. Natürlich gelten auch für Christen Beten, Fasten und Almosen geben zu den klassischen Fastenopfern. Natürlich steht auch der Ruf zur Umkehr in den vierzig Tagen vor Ostern im Vordergrund. Umkehr meint aber nicht bloß eine Schublade voller guter Vorsätze, sondern wirklich umkehren. Aber auf welchem Weg und welchen wählen?
 
Paulus gibt eine klare Empfehlung: „Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ Sich mit Gott versöhnen lassen heißt, sich von allem abwenden, was sich trennend zwischen Gott und mich gestellt hat und zum Vater zurückkehren. Es sind einfache, schwere Fragen, die weiterhelfen, wie zum Beispiel: Habe ich Sehnsucht nach Gott oder genüge ich mir selbst? Bin ich der Herr meines Lebens oder lasse ich mich von Gott in meinem Leben führen? Schaffe ich mir alles selbst oder bin ich dankbar für das, was Gott mir in meine offenen Hände legt?
 
„Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung.“ Kardinal Henry Newman sagte einmal: „Ohne Gott ist die Welt absurd, mit Gott ist sie ein Geheimnis.“ Warum nicht hinknien und mit dem skeptischen, „ungläubigen Thomas“ bekennen: „Mein Herr und mein Gott!“
 
 
 
Die Gesetze
die Zwänge
die Erbfaktoren
die Klassenschranken
die Krankheitsprognosen
gelten.
 
Versammelt sind
die Stützen der Gesellschaft
die Hysteriker
die Choleriker
die Riesen
die Giftzwerge
die Angeber
die Außenseiter
die Turmsitzer, Lachmöven, Pechvögel,
Angsthasen, Käuze.
 
Aufgehoben wurden heute
die Gesetze
und wir sind Eingeladene:
weil dein Fest anfängt.
                     (Hedvig Fornander)


[1] T. Söding, Gottessohn, 293
[2] Ebd.
 




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